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Spiritualität

Heraklit von Ephesos und der beständige Wandel

Die bekannte These von Heraklit, wonach „demjenigen, der in dieselben Flüsse steigt, stets anderes Wasser zuströmt”, das heißt das Prinzip pantha rhei – auf Deutsch: „alles fließt” – besagt, dass im Universum nichts so beständig ist wie der Wandel. Ob der Philosoph der Antike auch recht damit hat, wenn er behauptet, dass sich alles in fortwährender Bewegung und ständigem Wandel befände?  

In unserem Alltag haben wir außer unseren historischen Traditionen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten auch persönliche, individuelle Rituale. Der eine beharrt auf seinen morgendlichen Kaffee, der andere geht immer auf dem selben Weg zur Arbeit, und es gibt welche, die sich die Mahlzeiten nicht ohne damit verbundene feste Zeremonien vorstellen können. Unsere Gewohnheiten schaffen auf diese Art und Weise in unserem dahineilenden Alltag ein System bzw. eine Systematik und dadurch den Anschein der Beständigkeit und Sicherheit.

Fast jeder einzelne Augenblick unserer Kindheit hält abertausende neue Erfahrungen für uns bereit, deshalb sind die ersten paar Jahre natürlich die Zeit des ständigen Lernens und der am stärksten wahrnehmbaren Entwicklung. Kurz gesagt: wir machen von unserer Geburt ab ständige – sowohl energetische, als auch geistige und spirituelle – Veränderungen durch, während jeder einzelne menschliche Kontakt, den wir knüpfen, jedes einzelne Buch, das wir lesen, jede einzelne Tätigkeit, die wir verrichten, usw. uns auf dem Weg zum Ziel, das sich im Unendlichen verliert, voranbringt. Somit gelingt es uns selbst und die uns umgebende Welt immer besser kennen zu lernen.

Wie ist es möglich, dass viele diese fortwährende Bewegung und den ständigem Wandel nicht bemerken? Es gibt keine allgemein gültigen Regeln oder zeitliche Begrenzungen für die energetische Entwicklung des Individuums. In erster Linie bestimmen unsere eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, wer von uns, in welchem Tempo und in welchem Maße in der Lage ist, neues Wissen aufzunehmen und wann er die nächste Stufe seiner geistigen Entwicklung erreicht. Wenn wir jedoch nicht die aktuellen Aufgaben erledigen, die uns aufgegeben wurden, sind wir nicht in der Lage, die nächste Stufe zu erreichen. So können wir dann bis zum Ende unseres Daseins auf Erden – oder sogar darüber hinaus – immer wieder von Neuem die selbe Aufgabe wiederholen, ohne auch nur einen Schritt voranzukommen.

Der beständige Wandel als These von Heraklit formt und gestaltet also – auch wenn es nur ein sanft wehendes Lüftchen im Frühling ist – unbemerkt unseren Alltag. Auf paradoxe Art und Weise schafft dieser dennoch eine zerbrechliche Illusion der Beständigkeit und Ordnung im Chaos unseres kurzen und vergänglichen menschlichen Daseins.

 
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